Freitag, 20. November 2009





ASADO - Grillen auf argentinisch
Eine Sache, um die man in Argentinien nicht herum kommt, ist das Grillen - Das "Asado" machen.

Wenn man in Deutschland stolz ein Steak auf den Grill legt, das nicht mal einen Kilo schwer ist und nach 10 Minuten Holzkohle-Grillen schon fertig ist, erscheint das im Vergleich zum argentinischen Asado wie ein kleiner Nachtisch.
Hier wird jede Woche mindestens einmal gegrillt. Wenn man jemanden zu sich nach hause einlädt, ist klar was gemacht wird. Asado ist mehr als einfaches Warmmachen von Fleisch. Es ist immer ein kleines Fest mit guten Freunden und Bekannten.
Nach fast 4 Monaten in Argentinien hat jeder von uns Freiwilligen bestimmt 4 Kühe gegessen. Der "Asador" der "Griller", ist immer der Held des Abends. Vor zwei Wochen waren wir Jungs aus Quilmes in Baradero zu Besuch. Dort wohnt einer unserer Mitfreiwilligen in einem sehr ländlichen Projekt. Wiesen und Felder soweit das Auge reicht. Für uns "Städter" aus Buenos Aires fast schon ein ungewohntes Bild.

In Baradero haben wir dann unsere hart antrainierten Asadomanieren ausgepackt und auf einem Eukalyptusholzfeuer (Die Bäume stehen da ja so rum) unser Fleisch gebraten. Dieses Mal brauchten wir nicht mal Salz. Nichts! Das Eukalyptusholz hatte dem Fleisch nach fast 3 Stunden Grillen einen unglaublichen Geschmack verliehen.

Mir hing das Asadofleisch fast schon zu den Ohren raus, aber nach diesem Wochenende habe ich wieder Hunger bekommen.

Dienstag, 10. November 2009

Das Projekt



Die Meinerzhagener Zeitung wird in den nächsten Tagen meinen ersten Rundbrief abdrucken. (siehe unten)
Dafür brauchte ich Fotos von meinem Projekt und habe mich deshalb einmal überwunden, die Kamera mit in die Villa zu nehmen. So kann ich euch jetzt auch mehr Fotos von meinem Arbeitsleben zeigen und vor allem, wie süß meine "Pibes" (herzlich für "Kinder") sind.




Der Blick aus der Tür meines Projektes. Links ein Cartonero-Pferd, das sich tagsüber von der nächtlichen Arbeit ausruht.
Das ist der Nachhilfeort, in dem ich jeden Morgen arbeite.

Nach dem Lernen gibt es Brot und Tee in der Pause.
Meine Kids
Mit der kleinen Y. bei den verhassten Matheaufgaben.

"Centro Educativo Popular Eduardo Mignona" heißt unser Nachhilfeort.
Betty und Sandra meine Mit-Profesoras beim Teekochen.
Nochmal die Kids.
Die "Organisatoren" der sozialen Projekte der Villa sind die Nonnen und Mönche der Franziskaner und Salezianer. Ruby, Cecilia und Coco. (vorne von l. nach r.)
Die Villa von einer Brücke fotografiert.

Mittwoch, 4. November 2009

Jojo im Botschaftsgarten


Mein Tag - 16 Stunden im Leben eines Freiwilligen


Gestern war ein sehr aufregender Tag. Ich bin wie immer um 8 Uhr aufgestanden und habe mich auf den Weg zum Apoyo gemacht. Dort habe ich den Morgen mit den Kids verbracht und die meiste Zeit rumgetobt. Die Kinder werden immer offener und freier im Umgang mit mir. Ich werde immer gelassener im Umgang mit ihnen.
Direkt nach dem Apoyo bin ich um 12 Uhr nach Capital – also in die Innenstadt – gefahren, weil ich seit dieser Woche in der Redaktion der „Vida Abundante“ arbeite. (Gemeindezeitung für die evangelischen Gemeinden in Uruguay, Paraguay und Argentinien.)
Einmal pro Woche fahre ich jetzt in die Redaktion und helfe bei der Erarbeitung der deutschsprachigen Beilage. Ich glaube ich werde durch diese Arbeit sehr gut zwei verschiedene Seiten der argentinischen Gesellschaft kennen lernen. Die meiner Villa-Arbeit und die Menschen, die im Zentrum arbeiten und leben.
(Die große Freude: an meinem Arbeitsplatz habe ich einen Pc, Telefon, Scanner, Drucker etc.)
Nach meiner Einführung in der Redaktion kam das Highlight des Tages. Wir wurden in die deutsche Botschaft eingeladen. Auf ein schönes kaltes deutsches Bier und Brezeln mit den Toten Hosen. Campino und seine Jungs geben in diesen Wochen eine große Lateinamerika-Tour und die Botschaft hat „als Anerkennung für das, was die deutschen Freiwilligen hier im Land tun“ ein Treffen mit der Band organisiert.
Das ist zwar nicht ganz meine Musikrichtung aber es war trotzdem interessant um andere Freiwillige von ganz unterschiedlichen Organisationen zu treffen. Vor allem aber um neben dem Bier und den Brezeln ein Stück deutsche Kultur wiederzuerleben, als wir versuchten am Pförtner vorbeizukommen:
Buenos Aires, Deutsche Botschaft 15:45 Uhr:
„Hallo. Wollen sie meinen Pass sehen, oder kann ich so rein?“
„Worum geht es denn?“
„Naja, das Treffen mit den Toten Hosen.“
„Das ist um 16:oo Uhr“
„Und vorher kommen wir nicht rein?“
„16:00 Uhr. So steht das auf meiner Liste.“


Nach dem Treffen in der Botschaft ging es dann wieder zurück in die Villa. Im Jugendzentrum hab ich den Abend wieder mit den Jungendlichen und den Köchinnen verbracht. Meine liebste von den Damen ist R. Sie ist ca. 50 Jahre alt und 1.40 groß. Sie ist immer lebensfroh und ich habe sie noch nie ohne ein Grinsen auf dem Gesicht gesehen.
Letzte Woche habe ich mich mit ihr über private Dinge unterhalten und obwohl wir uns erst seit kurzem kennen, wurde sie sehr persönlich. Als sie mir erzählte, dass sie sich vor einem Jahr von ihrem Mann getrennt hat, fing sie herzlich an zu weinen. Ich hab die kleine Dame in den Arm genommen und nach 10 Minuten war sie wieder frivol wie immer.


Um 23:00 Uhr bin ich dann nach Hause gefahren, habe mit den Jungs über den Tag geredet und lag um Mitternacht im Bett. Das war sicher kein typischer Tag, aber er gibt einen Rundumeindruck von dem, was ich hier mache.


Ich habe an dich gedacht kleine Schwester
2 Peso-Schein mit "Para Maria, Campino"

Die Quilmes-Jungs mit Campino


Gruppenfoto



Der deutsche Botschafter Herr Günther Knies und Ich


Deutsche Kost






Montag, 2. November 2009

Mein erster Rundbrief

Dies ist mein erster Rundbrief, den ich nach den ersten drei Monaten verfasst habe. Ich berichte in dieser Zusammenfassung der ersten drei Monate, die hauptsächlich für meine Unterstützer und für meine Organisation gedacht ist über mein Projekt und die Situation in meiner Arbeit. Die nächsten Rundbriefe werden mit speziellen Themen mit Bezug auf Argentinien gefüllt sein.


Liebe Familie, Quilmes – Buenos Aires, November 09
Liebe Freunde,
Liebe Unterstützer,

alles ist anders gekommen, als ich mir das vorher gedacht habe. Nicht schlechter, nicht besser, einfach anders. Genauso, wie die Welt, in der ich jetzt lebe, absolut anders ist, als die vorher gekannte. Dies ist mein erster offizieller Rundbrief aus Argentinien. Die ersten drei Monate meines Freiwilligen Friedensdienstes sind also schon um.
Seit meinem Einzug in Quilmes – einem Stadtteil von Gran Buenos Aires – arbeite ich in der Villa Itatí, einem Armutsviertel. (Gesprochen: Wischa Itatí)
Als Freiwilliger versendet von der Evangelischen Kirche von Westfalen bin ich hier in Buenos Aires dem MEDH (Movimiento Ecumenico por los Derechos Humanos – Ökomenische Menschenrechtsbewegung) zugeteilt und arbeite in einem Projekt, das von dieser Bewegung begleitet wird.
Niemand weiß genau, wie viele Menschen in der Villa Itatí leben, aber man schätzt 15.000. Obwohl ich auch schon weit höhere Zahlen gehört habe.
Es gibt ein Netzwerk von sozialen Einrichtungen innerhalb der Villa, in denen wir Freiwilligen uns einbringen und engagieren. Jugendzentren, Nachhilfeorte, offene Angebote für die Kinder und Jugendlichen und Themenabende zum Beispiel über Drogen und Süchte.
Meine Hauptaufgabe ist die eines „Educador“ beziehungsweiße „Profesor“. Also Erzieher und Lehrer in einem der Nachhilfeorte. Jeden Morgen arbeite ich mit einer Gruppe von 25 Kindern zwischen 6 und 15 Jahren an ihren Hausaufgaben und Schularbeiten. Wir Frühstücken zusammen und verbringen den Rest der Zeit mit Spielen und Toben. Nachmittags gehen diese Kinder in die Schule und ich nach Hause. Ein paar Mal die Woche fahre ich dann abends wieder mit dem Bus in die Villa und verbringe den Abend in einem der Jugendzentren, um mit den Jungs zu spielen oder einfach nur zu reden. Ganz wichtig ist auch hier das gemeinsame Abendessen, da viele Jungs auch in das Zentrum kommen um eine tägliche warme Mahlzeit zu bekommen.
Die Kinder in meiner Gruppe sind wunderbar. Obwohl sie in kaum auszuhaltenden Umständen leben, sind sie unglaublich lebensfroh und ausgelassen. In den ersten Tagen war ich geschockt und ratlos, wie ich mit so einer Rasselbande klar kommen soll und hätte mir nie gedacht, dass diese Rüpel (die sie manchmal sind) mal auf mich hören würden. Jetzt freue ich mich jeden Tag auf die Kleinen, die mir schon vor der Tür um den Hals fallen und sofort planen, was wir gleich spielen werden.
„Aber erst mal wird ein bisschen gearbeitet!“ Ich setze mich dann mit einer Gruppe von vielleicht 3-6 Kindern an einen Tisch, gebe ihnen Aufgaben und helfe ihnen bei Schularbeiten. Durch diese Arbeit habe ich große Hochachtung vor den Menschen bekommen, die ihr ganzes Leben mit Kindern arbeiten, vor allem bei „schwierigen“ Kindern. Das Verhältnis zu meinen Kolleginnen ist sehr gut, obwohl während dem Vormittag kaum Zeit ist, sich zu unterhalten.
Ein sehr angenehmer Punkt unserer Arbeit ist, dass wir ziemlich frei darin sind, wie wir uns neben unseren Aufgaben weiter einbringen wollen. Mein Mitfreiwilliger gibt zum Beispiel seit dieser Woche Unterrichtsstunden zum Thema Umwelt und Natur. Ich habe gemerkt, dass die Kinder in meiner Gruppe, so wie wahrscheinlich alle Kinder der Villa, ein wahnsinnig großes Bedürfnis haben, in Ruhe mit einer Vertrauensperson zu sprechen um Ängste und schlimme Erlebnisse abzubauen. Deshalb mache ich jetzt jeden Tag mit einem anderen Kind einen kleinen Spaziergang und versuche mit ihnen über ernstere Themen zu sprechen, als das in der Gegenwart ihrer Freunde möglich ist.

Wenn ich zur Arbeit durch die Villa laufe, dann fühle ich mich immer noch sehr unwohl. Einige Male, sind mir ein paar äußerst zwielichtige Gestalten gefolgt. Erfahrungen, die den Weg zu meinem Projekt jeden Tag spannend machen. Ich versuche mich nicht zu auffällig zu kleiden und immer eine im Viertel bekannte Begleitperson dabei zu haben. In den Projekten fühle ich mich im Gegenteil dazu sehr sicher. Die Menschen, mit denen ich arbeite machen diese Arbeit seit vielen Jahren und haben den Kindern des Viertels sichere Orte gegeben, die auch von allen Bewohnern der Villa respektiert werden.
Durch die Eindrücke, die ich in diesem Viertel, meiner Arbeit und durch die Menschen gewonnen habe, bin ich denke ich sehr viel bescheidener geworden.
Organisiert werden die Projekte innerhalb der Villa von einer internationalen Gruppe von Ordensschwestern und Brüdern der Salezianer und der Franziskaner. Die Weise, auf die diese Gruppe lebt nennt sich „Inserción“ und bedeutet so viel wie „Einfügung“. Vor ein paar Jahren haben diese Ordensverbände erkannt, dass sie aus ihren Klöstern und Landgütern den Menschen nicht helfen können. Daraufhin haben sie alle ihre Immobilien und Ländereien verkauft und sind in verschiedenen Teilen des Landes direkt in die Elendsviertel gezogen, um dort zu leben und voll und ganz für die Menschen in Not da zu sein. Dies zu erleben hat mich schwer beeindruckt. Das Haus dieser Lebensgemeinschaft steht mitten in der Villa und ist rund um die Uhr Anlaufstelle für jeden, der Hilfe, Rat oder Begleitung braucht. Was mich daran so fasziniert ist die Entscheidung, keinen Unterschied mehr zwischen Freizeit und Beruf zu machen. Die Entscheidung sein eigenes Leben ganz und gar für andere Menschen einzusetzen und dafür auch schwierige Lebensumstände in Kauf zu nehmen.
Eine dieser Schwestern ist aus Kolumbien zuerst nach Italien ausgewandert und danach nach Buenos Aires gekommen. Sie hat jetzt seit vier Jahren keinen Menschen ihrer Familie gesehen, weil sie seitdem keine Pause von ihrer Arbeit genommen hat. Diese Frauen kümmern sich rührend um uns Freiwillige und sind bei jedem Seelenschmerz oder Problem für uns da. Wenn wir mal bei ihnen im Haus zum Maté trinken vorbeischauen, haben sie immer Zeit um über die Sachen, die uns bewegen, zu sprechen. Sei es die Arbeit oder ein privates Thema.
Nach den ersten drei Monaten fühle ich mich in der Umgebung meiner Arbeit und meiner Projekte akzeptiert und wirklich gut aufgenommen.

Wir Freiwilligen wohnen außerhalb der Villa etwa 10 Busminuten in einem sehr ruhigen und angenehmen Viertel. Zu dritt bewohnen wir hier ein kleines Reihenhäuschen, dass wir uns langsam aber stetig gemütlich machen. Es ist für mich schwierig zu verstehen, wie so große Armut direkt neben großem Reichtum existieren kann. Überraschend war für mich aber auch, wir schnell man sich an solche Ungleichheiten gewöhnt. Wenn vor unserem Haus jetzt eine Pferdekutsche hält, die „Cartoneros“ von ihrem Wagen springen und unseren Hausmüll mitnehmen, auf der Suche nach brauchbaren Dingen, ist das für mich schon total normal geworden. Ebenso war ich anfangs stets geschockt, in welchen Massen die doch deutlich runtergekommenen Straßenhunde durch die Gegend streifen. Jetzt gehören sie für mich einfach zum Stadtbild dazu.

Wir bereiten uns langsam auf den Sommer vor und erleben schon die ersten Hitzetage mit Siesta und warmen Frühlingsabenden.
Ich hoffe, euch allen geht es gut und ich konnte euch einen aufschlussreichen Einblick in meine neuen Lebensumstände geben.

Liebe Grüße aus Quilmes – Buenos Aires

Johannes

Sonntag, 25. Oktober 2009










Das Sommerleben....
Bilder sagen mehr als Worte, deshalb berichte ich euch bildlich von diesem Sonntag.
Wir sind mit der Gastfamilie unserer Mitfreiwilligen auf eine ehemalige Estancia gefahren - heute ein sehr schöner Park - und haben den Tag mit Sonne, Mate, Essen und Volleyballspielen verbracht.
Die Reisepläne machen sich auch. Wir haben uns für die nächsten Wochenenden und Urlaubszeiten viele und auch lange Wege vorgenommen.
Bald ist mein erster Rundbrief fällig. Von meiner Arbeit werde ich darin mehr berichten.
Liebe Grüße

Montag, 19. Oktober 2009

Ich danke den argentinischen Behörden für dieses Wochenende








Laut den „weltwärts“-Regeln, ist es Pflicht für uns Freiwillige mit einem offiziellen Visum im Land zu sein. Da sich die argentinischen Behörden aber nicht einigen können, wer von ihnen uns diese Visa ausstellen muss, haben wir bis jetzt noch keins bekommen. Unser 90-Tage-Touristenvisum ist dieses Wochenende allerdings ausgelaufen. (Ja die ersten drei Monate sind schon um)
Damit waren wir „gezwungen“ eine kleine Reise in unser Nachbarland Uruguay zu unternehmen, um bei der Einreise eine neue Aufenthaltsgenehmigung bis Januar zu bekommen.
Wir haben uns dann nach Colonia aufgemacht. Die Stadt, die Buenos Aires am anderen Ufer des Rio de la Plata gegenüberliegt. Mit der Fähre ging es äußerst bequem über den „breitesten Fluss der Welt“. (siehe unten;) )
In Colonia del Sacramento angekommen begingen wir den ersten Touristenfehler: Wir fragten am Kai einen Taxifahrer, ob der Weg bis zu unserem Hostel weit sei. „Ja“ sagte dieser und fuhr uns dann 10 Cuadras (ca. 2 Minuten) für 15 Peso um die Ecke.

Es gibt einen Haufen an kleinen Geschichten und kurzen Momenten, die wir an diesem Wochenende erlebt haben, die hier jeden Rahmen sprengen würden und auch kaum in Worte zu fassen sind. Das beeindruckenste war eine Wahlveranstaltung einer Partei mitten in Colonia. (Am 25.10. wird der Präsident gewählt) Ein unbeschreiblicher Gaudi. Momente der Freude und der Ausgelassenheit, die es in Deutschland nur auf Fanmeilen gibt.
Die Altstadt Colonias ist einfach wunderschön. Oft kam es uns vor, als wären wir in Italien oder Frankreich unterwegs. Alte Leuchttürme, Kopfsteinpflaster, Künstlermärkte und Restaurants mit unbeschreiblichem Blick in den Sonnenuntergang. Als wir allerdings den Strand, die Palmenwälder, die Kolibris und Papageien sahen, wurde uns klar, wo wir hier eigentlich sind - wo wir zur Zeit leben.
Dieses Wochenende war mit Abstand das teuerste hier, aber auch das mit dem besten Essen (in Jazzkneipen und auf Strandterrassen) der meisten Sonne im Gesicht und dem gemütlichsten Bett. Meine Matratze hier findet es lustiger mich mit täglichen kleinen Verspannungen zu ärgern.

Apropo Sonne: so wie bei euch in Deutschland gerade der Winter einzieht, macht sich hier die Hitze breit. Gestern habe ich einen Mann auf der Straße angesprochen, der Wasser liefert. Jetzt haben wir einen super Wasserspender, wie man ihn aus Arztpraxen kennt. Ich glaube so eine 25-Liter-Box machen wir im Sommer am Tag leer.

Eine komische aber im Nachhinein sehr lustige Situation habe ich heute morgen erlebt. Ich wollte unseren Warmwasser-Boiler (oder wie man das schreibt) wieder ans Brennen kriegen. Ich hab also 5 Minuten mit dem Gashebel und den Streichölzern gespielt, bis ich es endlich hinbekommen habe ein lautes Zischen aus der Gasleitung zu hören. Ich dachte mir „Cool jetzt ist wenigstens Gas da“. Ich drücke also auf den Zündhebel und eine happige Gasexplosion kommt mir entgegen. Jetzt sind meine Wimpern ein wenig kürzer und meine rechte Gesichtshälfte brauchte ich nicht mehr rasieren. Klingt übertrieben gefährlich, war aber nicht so wild.

Angenehm war es heute morgen etwa 4 Stunden vor diesem Bums, zu erfahren, wie viel Vertrauen die Menschen einem hier entgegen bringen. Ich habe Brötchen zum Frühstück geholt und hatte nur einen 100-Peso-Schein dabei. Die Dame hinter der Theke konnte mir nicht wechseln. Ich habe dann gesagt: „Ich wohne hier um die Ecke, hab Hunger und muss gleich zur Arbeit, kann ich danach bezahlen?“ Sie gab mir die Brötchen und sagte „Bis später“. Obwohl dieses Land so arm ist und wir in Deutschland so viel Geld haben, vertraut man Unbekannten hier und sich untereinander mehr, als ich das aus Deutschland kenne.

Diese Woche läuft die Arbeit wieder wie immer und die Kinder sind wie gewohnt, lieb, schwierig, überraschend, laut, wuselig und beeindruckend.




Mittwoch, 30. September 2009

Hier habe ich noch ein paar Bilder:


Der Nachhilferaum, in dem wir mit den Kindern arbeiten.
Der Vater unserer Chefin hatte Geburtstag und wir durften ihre Hundearmee kennen lernen. Ihr Doberman - mit den Ausmaßen eines Kalbs sicherlich der größte Hund des ganzen Viertels - ist er auch der größte Schisser des Viertels und versteckt sich deshalb gerade in irgendeiner Ecke.

Mein Mitbewohner Christoph an seinem Geburtstag mit einem Haufen selbstgemachter leckerer Empanadas.:)
Und das bin ich, wie ich an meinem Blog grübel.



Alltag


Lange habe ich nichts geschrieben.
Die letzte Zeit, war alles andere als einfach. Zwei schwierige Wochen liegen hinter mir. Ich hatte sehr mit mir zu kämpfen und damit, mich jeden Tag neu zu motivieren. Der Gang ins Projekt ist mir sehr schwer gefallen. Ich habe stark an dem Sinn meiner Aufgabe für mich und für die Menschen hier gezweifelt. 8 Nächte habe ich auf dem Sofa verbacht. Unruhig - unausgeglichen - geschafft. Ich war selbst nach langer Vorbereitung nicht darauf vorbereitet, wie stark man Menschen, die einem sehr viel bedeuten, in bestimmten Situationen des Lebens vermissen kann. So sehr, dass es schmerzt.
Zudem hat sich langsam ein geregelter Alltag in Quilmes eingerichtet. Ich weiß, wann ich, wann meine Mitbewohner nach hause kommen und wann wer wieder geht. Ich kenne alle Namen der Jungen und Mädchen in meinem Projekt mit dazugehörigen Verhaltensschwierig- und Leichtigkeiten. Jeden Tag gehe ich den bekannten Weg und kann schon fast die Straßen, die mein Colectivo (Bus) nimmt auswendig.
Sich in einem neuen Alltag, so fremd von dem Bekannten einzuleben und sich einen Platz zu schaffen ist unglaublich schwierig. Der "Adrenalinschock" der Umstellung ist vergangen und hat für einen ordentlichen "Kulturschock" gesorgt. Ich habe mir dieses Jahr im Ausland sehr gewünscht und genauso ausgesucht. Was das bedeutet wurde mir erst hier klar. Jetzt musste ich mich neu damit anfreunden und wir zwei haben uns nach langer Zickerei wieder angenähert.

In solchen Tiefphasen ist es sehr angenehm Mitbewohner zu haben, die sich gut um einen kümmern. Da bekommt man mal einen heißen Maté gereicht oder man bekommt eine ablenkende Aufgabe um die Ohren gehauen. Die Frage "Na? - Wie gehts dir?" reicht jedoch meistens um ein paar Steine beiseite zu räumen.
Letzte Woche, habe ich mit einem Mädchen aus meinem Projekt in unserem Hinterhof gesessen und über das Leben geredet. Sie wirkte sehr traurig, ich fragte sie, woher sie ursprünglich komme und sie meinte aus dem Chaco (Eine Provinz im Norden).
Sie sagte dann: "Ich lebe jetzt seit einem Jahr hier und vermisse meine Schwester unheimlich. Die ist mit meinem Vater im Chaco geblieben. Aber du kennst das ja sicher. Das ist genauso, wie wenn du nach Argentinien kommst und die Menschen, die du liebst in Deutschland lässt. Das ist auch schwer für dich."
Das genau in dem Moment, in dem ich besonders niedergeschlagen war, von einem 7-jährigen Mädchen so treffend gesagt zu bekommen, hat mich sehr bewegt.
Wir haben lange dort gesessen und erzählt. Es war ein wunderbarer Tag mit Sonnenschein und der ersten Wärme des Frühlings. Für solche Momente ist im Alltag des Apoyo leider nicht viel Platz. In der Regel ist es sehr wild und man kann kaum alle Fragen und Hilferufe der Kleinen bedienen. Man merkt jedoch, dass viele der Kinder ein dringendes Bedürfniss haben, sich einmal mit einer Vertrauensperson in Ruhe zu unterhalten. Ich habe mir vorgenommen, öfter diese Möglichkeit zu nutzen.
Als Nachhilfelehrer mache ich langsam Fortschritte. Die Sprachbarriere hindert mich zwar noch daran, den älteren Schülern komplexe Sachverhalte zu erklären, aber ich komme langsam mit immer größeren Gruppen zurecht.

Heute hatten wir eine Art "Elternabend". Es sollte eigentlich ein Treffen zwischen den Profesores und den Eltern der Kinder werden, die in den Apoyo kommen. Von 24 Elternpaaren war eine Mutter gekommen! Sonst niemand. Die anderen hatten wichtigeres zu tun oder - wie ich gehört habe ist das fast immer der Fall - interessieren sich nicht für die Schulausbildung ihrer Kinder. Sie sehen den Nachhilfeort als eine bequeme Weise, die Kinder ein paar Stunden versorgt zu haben.

Alles in allem geht es mir aber wieder gut. Ich muss keine Angst haben, mit meinen Sorgen und Problemen zu meinen Mitarbeitern oder meinen Chefs zu gehen. Die nehmen uns alle sehr ernst und herzlich auf und kümmern sich gut.
Sie haben mir auch in den letzten Tagen das Gefühl gegeben, eine große Hilfe zu sein und den Sinn an der Arbeit hier wieder zu finden.

Freitag, 4. September 2009

"

Irgendwann verrinnt eine Träne, wie ein Stern leuchtet sie auf, ich will niemanden, der sie fortwischt, sondern möchte in der Sahara damit neue Pflanzen tränken.

Ich möchte erleben um jemand zu sein. Ich möchte lieben um jemand zu sein. Ich möchte reisen um jemand zu sein.

Solange ich das alles tue kann ich von mir sagen, dass ich lebe. Und es ist ein Leben voller Farben, Vielseitigkeit und Abwechselung. Deshalb segle ich fort, ohne Anker an Bord..."

Aus "Spiegel der Zeit" von Julius Camillo Fastabend, 2008, Freiwilliger in Chile




Die Freuden des Lebens kommen bei uns auch nicht zu kurz: Die Bilder zeigen meine Mitbewohner Christoph, Mateo und den Vater der Gastfamilie der benachbarten Volontäre beim Grillen auf Mateos Geburtstagsfeier. Da haben wir unsere Dachterrasse eingeweiht. Das Fleisch ist der Hammer. Nach argentinischer Grillart muss da nur noch Salz drauf und es schmeckt köstlich. Da muss nix an Ketchup oder Soße dran.

Donnerstag, 3. September 2009


Der Río de la Plata - Wenig Silber, viel Müll


Diese zwei Fotos hat mein Mitbewohner Christoph in der letzten Woche gemacht. Wir hatten einen ruhigen und entspannten Sonntag und sind für einen Spaziergang an den "Río de Quilmes" gefahren. So heißt der Abschnitt des Río de la Plata, an dem unser Stadtteil Quilmes liegt. Ich würde diesen Fluss bereits das Meer nennen. Immerhin ist er knappe 40 km breit. Die Argentinier sind allerdings stolz darauf, ihn den breitesten Fluss der Welt nennen zu dürfen. Unser Eindruck allerdings ist, dass er auch einer der verdrecktesten Flüsse der Welt ist. Wirklich schade, da die Landschaft an sich alles bietet, was ein schöner Strand braucht: Super flaches ruhiges Wasser, viel Platz am Strand und eine belebte Strandpromenade. Baden ist allerdings fast unmöglich. Das Wasser zu trinken grenzt an Selbstzerstörung.

Aber Schluss mit der Schwarzmalerei: Natürlich hat dieser Teil der Stadt auch seine guten Seiten. Die Strandpromenade und die Stegs des Flusses sind gesäumt von Bars, Restaurants und Ausgehmöglichkeiten jeder Art. Nach den Einheimischen spielt sich ein Sommerabend in Quilmes fast immer am Fluss ab.
Nett!
Das Wetter lässt uns diese Woche allerdings etwas im Stich. Nach einer Woche mit fast 30 Grad (im Winter) hat sich das Klima mit viel Regen wieder abgekühlt. Deshalb hatte ich auch Montag und heute frei, weil bei Regen die Erdstraßen der Villa aufgeweicht und zu matschig werden. Die Kinder kommen bei starkem Regen nicht in die Schule.

Während mein Verhältnis zu den Kindern im Apoyo Escolar (Nachhilfe) immer besser wird, wurde die Villa in der vergangenen Woche für uns drei Freiwillige jeden Tag etwas bedrohlicher. Wir kennen jetzt den Weg und die Straßen zu unserem Projekt. Nachdem wir in den ersten Tagen ausschließlich darauf geachtet haben, wo wir hintreten, haben wir in den letzten Tagen unseren Blick heben können, um die Umgebung beim Durchqueren der Villa genauer zu betrachten. Je genauer man hinsieht, desto krasser überflutet einen die Armut und offensichtliche Not, in der die Menschen leben. Zudem habe ich versucht, diese Woche zum ersten Mal allein - ohne Begleitung eines Mitarbeiters - von der Bushaltestelle zum Projekt zu gehen. Es war knapp! Ich bin mir sicher, dass ich nur nicht in eine gefährliche Situation gekommen bin, weil mir meine Mitarbeiterin doch nochmal entgegen gegangen ist. Sie kam mir wie eine Rettungsinsel vor.

Ich konnte noch keine Fotos in der Villa machen. Dies ist eines der wenigen Fotos, die ich finden konnte. Es zeigt eine der wenigen breiteren Straßen der Villa. Häufiger sind enge Gassen.








Dienstag, 25. August 2009

Das Haus – Das Projekt

Wir sind nun völlig angekommen. Vor einer Woche haben wir drei unsere neue Wohnung in Quilmes (ein Stadtteil von Gran Buenos Aires) bezogen. Mit mir zusammen wohnen noch Mateo – ein Freiwilliger der ebenfalls in der Villa arbeitet – und Christoph, der seinen Freiwilligendienst in einem Kindergarten für benachteiligte Kinder leistet.

In der ersten Woche hatten wir allein an unserem kleinen Häuschen viel zu tun. Unsere Vormieter haben uns einige nützliche Dinge, aber auch viel Müll dagelassen. Wir haben also viel umgestellt, aufgeräumt und ausgemistet. In den kommenden Tagen wollen wir unseren Innenhof streichen und den Wänden im Haus kreativ Farbe verleihen. Die Wohnung ist bescheiden, aber wir richten uns gut ein. Der absolute Luxus ist allerdings unsere riesige Dachterrasse. Wir freuen uns auf die Sommertage, die wir nicht im Haus verbringen müssen.
Unsere ersten Anschaffungen waren ein großes Sofa (für 10€ !), der obligatorische Maté und eine Wasserpfeife für die Gemütlichkeit.

Das Internet hat lange auf sich warten lassen. Jetzt haben wir es doch und wir sind stolz den ersten Akt mit den argentinischen Kundencentern erfolgreich hinter uns gebracht zu haben. Immerhin haben wir bekommen, was wir wollten.

Seit der letzten Woche arbeiten wir auch in unseren Projekten. Der Start in meinem Projekt war sehr ruhig und entspannt. Unsere Chefs nehmen große Rücksicht darauf, dass wir nicht einfach in die Arbeit geschleudert werden, sondern dass wir Zeit haben uns langsam einzuarbeiten.
Ich arbeite ab jetzt jeden Morgen in der Villa (Elendsviertel) in einer Art Nachhilfeschule für die Kinder des Viertels.
Ich habe bereits etwas über ein Armutsviertel geschrieben, das wir besucht haben. Die Villa in der ich arbeite setzt da jetzt nochmal eine Schüppe drauf. Hier gibt es wirklich gar nichts an Grundversorgung. Die Abwässer fließen durch die Straßen, die Cartoneropferde stehen im tiefen Müll und eine Familie mit fünf Kindern wohnt in einem Raum von vielleicht 4x4 Metern. Die Menschen dort leben ständig in den Müllfeuern, in denen wer weiß was brennt und die Luft verpestet. In diesem Viertel leben 50.000 Menschen und mindestens genauso viele Hunde. Damit ist die Villa Itatí das größte Elendsviertel von Buenos Aires. Ich werde noch jeden Tag von der Bushaltestelle abgeholt und auch wieder zurückbegleitet. Ohne einen Jugendlichen aus dem Viertel ist der Weg für Unbekannte zu gefährlich. Wenn man die Menschen kennenlernt, wie ich das in der letzten Woche oberflächlich konnte, sind alle ganz herzliche und offene Persönlichkeiten.
An meinem zweiten Tag habe ich mich schon wohl gefühlt und hoffe, dass es so weiter geht. Die Kinder in meinem Projekt lechzen förmlich nach Aufmerksamkeit und einer Bezugsperson.

In der ersten Woche habe ich bereits in der Villa viel erlebt. Diesen Ort kann man sich nicht vorstellen. Ich bin mir sicher, dass ich von dort noch viel zu erzählen haben werde.

Die drei beeindruckensten Momente meiner ersten Woche sind:

Ein kleines Mädchen kommt im Projekt auf mich zu und reicht mir ihr Hausaufgabenheft, damit ich die Aufgaben kontrolliere. Ich schlage das Heft auf und mir fällt eine geklaute Mastercard in die Hand.

Wir gehen zusammen mit den Kindern zu einer Wiese, wo wir Fußball spielen wollen. Am Straßenrand liegt ein Hund, der anstatt eines Beines nur noch abgenagte Knochen hat.

Ich spiele mit dem jüngsten Jungen (5) aus meinem Projekt, der in meiner Anwesenheit noch kein Wort gesprochen hat und – nach dem was mir die Betreuerinnen gesagt haben - auch nie spricht. Wir toben auf der Wiese und – er lacht! Ab jetzt redet er mit mir.

Dienstag, 4. August 2009


Gott und die Welt

Viele Situationen, die ich in den letzten Tagen erlebt habe, Dinge, Menschen und vor allem die Lage, in der sie sich befinden, haben mich sehr nachdenklich gemacht.
Mir wurde auf eindrückliche Weise klar, (ich wurde eher bestätigt) dass wirklich nur wir Menschen über Glück und Leid auf der Erde entscheiden. Es liegt in unserer Hand, wie viel Leid und Armut es in dieser - unserer - Welt gibt.
Es kann keinen Gott geben, der für alle Menschen der "Retter" oder "Beschützer" ist. Manche Menschen haben diesen Beschützer früh bekommen, die meisten nicht!
"Gott wird alles zum Guten wenden" ist einer dieser Sprüche, die mir im Angesicht der Menschen und Kinder in den Elendsvierteln wie Spott vorkommen. Es kann nicht im Geiste eines Gottes sein, Kinder in dieser Welt aufwachsen, Meschen unter diesen Umständen sterben zu lassen.

Ein alter blinder Mann ist gestern durch unseren Zug gelaufen und hat in jedem Abteil Gitarre gespielt. Ich hörte ihm zu und sah vor den Fenstern rechts die Polo- und Tennisanlagen, links die Baracken und Schlammstraßen der Armutsviertel vorbeiziehen. Ein kleiner Junge, vielleicht 5 oder 6 Jahre alt stieg in unser Abteil und bettelte die Passagiere nach Monedas und Wasser an.
Dieses Bild, der alte erblindete Mann, genauso hilflos, wie der 5-jährige Junge neben sich, ganz auf sich gestellt war ein sehr niederschmetternder Eindruck.
So hier gibt es mal die ersten Bilder um die Ohren.

Ich denke sie erklären sich von selbst. Die ersten Bilder, die ich reinstelle sind noch sehr touristisch, weil ich mich noch nicht getraut habe an unbeobachteten und ärmlicheren Plätzen Fotos zu machen, beziehungsweise meine Kamera auszupacken.

Mit den Bildern, die folgen werde ich versuchen euch die Situation der Menschen, mit denen ich arbeiten werde zu verdeutlichen.

Der Obelisk unten im Bild markiert die Stelle an der 1816 zum ersten Mal die argentinische Flagge gehisset wurde.




Freitag, 31. Juli 2009

DIE ERSTE WOCHE

Hallo Freunde,

heute ist Freitag und vor dem Wochenende, an dem keine Kurse und Sprachschule stattfinden wird (also viel Zeit zum Stadterkunden und ausschlafen brereit hält) möchte ich euch von meiner ersten Woche in Buenos Aires berichten:

Wir sind Sonntag abend angekommen. Durch die 5 Stunden Zeitverschiebung nach hinten schon um 19 Uhr. Angenehm! Wir waren die letzten Freiwilligen, die aus Deutschland angekommen sind. An den Tagen zuvor sind die anderen Voluntäre von anderen Orgsanisationen, die nach Argentinien aussenden, schon ins ISEDET eingezogen.
So sind wir jetzt 40 Freiwillige aus ganz Deutschland und die Atmosphäre im Haus ist - trotz der Kälte - locker und entspannt.
Heizungen, die funktionieren gibt es hier nämlich nicht und warmes Wasser in der Dusche ist auch nur ein Traum.
Die Winterjacke behalte ich deshalb auch die ganze Zeit an.

Die Woche war bis heute gefüllt mit Vorträgen und Kursen über alle möglichen typisch argentinischen Themen und Arbeitsweisen. Jeden Morgen von 9 bis 13 Uhr haben wir Spanischkurse. Junge Studenten der Universität geben uns in jeweils 6er-Gruppen den Unterricht.

Die zwei beeindruckensten Besuche für mich diese Woche waren in einem Armenviertel und in der deutschen Botschaft:

Dienstag sind wir in ein Elendsviertel von Buenos Aires gefahren. Wir haben uns angeschaut, wie die Menschen dort leben und wie die sozialen Projekte arbeiten.
Es war unglaublich mit eigenen Augen zu sehen, dass es diese Viertel auf der Erde wirklich gibt, in denen Kinder neben Bergen von Müll und Tierkadavern spielen. Im Sommer ist dieser Gestank bestimmt unerträglich.
Das Viertel, das wir uns angeschaut haben ist 2006 bei einer illegalen "Landnahme" entstanden. Jetzt kämpfen die Menschen um jede staatliche Unterstützung und um das Recht, das besetzte Land kaufen zu dürfen. Zwei Momente sind mir besonders in Erinnerung geblieben.
Einmal als ich in dieser Straße stand und rechts und links nur Baracken standen. (Jeder Familie wird ein Grundstück von 5x8 Metern zugewiesen) In diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass dieses ganze Bild nicht nur ein Armutsviertel mit tausenden Menschen ist, sondern dass dieses "Haus" von der größe eines Plumsklos direkt vor mir ALLES ist, was diese Familie hat.

Der zweite Eindruck, den ich nicht vergessen werde, war zu erleben, welche Lebensfreude die Leute in den sozialen Projekten ausstrahlten, als wir ihren "Ort der Hilfe" besuchten. Wir haben uns drei dieser Einrichtungen angeschaut (Die einzigen Häuser mit fliesendem Wasser) und bei jeder Station wurden wir zu Maté und Kuchen eingeladen. Einladungen, die wir natürlich nicht ausschlagen konnten. Wir wurden sehr herzlich aufgenommen!
Diese Siedlungen sind mit keinem Ort in Deutschland zu vergleichen. So etwas habe ich noch nicht gesehen.

Der Besuch am Donnerstag in der Botschaft mein zweiter Höhepunkt dieser Woche. Wir haben den ganzen Vormittag Einblicke in alle Bereiche der Arbeit der Diplomaten hier vor Ort bekommen und mehr über die deutsch-argentinischen Beziehungen erfahren.
Interessant war es von dem Verantwortlichen für die militärische Vertretung Deutschlands in Argentinien zu erfahren, dass Deutschland auch Waffen (!) an die lateinamerikanischen Länder liefert. Wir sind hier nicht nur die Helfer! Wir profitieren von der Instabilität in den südlichen Kontinenten.

Zu meiner Wohnsituation im nächsten Jahr kann ich noch nicht viel mehr sagen. Das klärt sich nächste Woche, weil wir unter den Freiwilligen, die in mein Projekt sind noch klären müssen, wer welche Wohnung bekommt.

Bis zu meinem nächsten Beitrag wünsche ich euch schöne Tage.

Donnerstag, 30. Juli 2009

Hola!

Ich bin in den letzten Tagen nicht dazu gekommen Neuigkeiten in meinem Blog zu veröffentlichen.
Mein Mitfreiwilliger und Zimmernachbar Leo hat glücklicherweise etwas mehr in sein Blog investiert.
Da wir fast immer das selbe gemacht haben zeige ich euch mal seinen Link.
Ich würde mich freuen wenn ihr euch den mal anschaut.

www.leoenargentina.blogspot.com

In den nächsten Tagen werde ich eine Zusammenfassung der letzten, sehr spannenden Woche verfassen.

Bis dahin

Sonntag, 26. Juli 2009

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Irgendwann verrinnt eine Träne, wie ein Stern leuchtet sie auf, ich will niemanden, der sie fortwischt, sondern möchte in der Sahara damit neue Pflanzen tränken.

Ich möchte erleben um jemand zu sein. Ich möchte lieben um jemand zu sein. Ich möchte reisen um jemand zu sein.

Solange ich das alles tue kann ich von mir sagen, dass ich lebe. Und es ist ein Leben voller Farben, Vielseitigkeit und Abwechselung. Deshalb segle ich fort, ohne Anker an Bord..."

Aus "Spiegel der Zeit" von Julius Camillo Fastabend, 2008, Freiwilliger in Chile

Jetzt ist es soweit! Ich sitze im Flieger nach Buenos Aires. Rechts und links von mir die ersten Argentinier, (eine ältere Frau und ein älterer Mann aus Mendoza) die ich auf meiner langen Reise treffe. Ich habe in den letzten Minuten gemerkt, dass mein Spanisch doch nicht ganz so eingerostet ist.

13 Stunden Flug liegen vor mir.

Kurz bevor wir das Flugzeug bestiegen haben, hat einer der anderen Freiwilligen gefragt: "Sollen wir das wirklich machen? Was tun wir hier?"

Uns ist wohl allen erst wirklich klar geworden, dass wir jetzt weg sind, als wir eingestiegen waren.

Also bin ich jetzt auf dem Weg in die Welt, um einen Haufen neue Erfahrungen zu machen und ein Jahr eine Arbeit zu machen, die hoffentlich etwas gutes bewirkt.

Für alle, die das noch nicht wissen: Ich werde in Buenos Aires im Stadtteil Quilmes wohnen und mit dem MEDH ( Movimiento Ecumenico por los Derechos Humanos - Ökumenische Menschenrechtsbewegung ) in einem Armenviertel von Buenos Aires arbeiten. Über meine genauen Aufgaben kann ich noch nichts genaueres sagen, weil die Einsatzstellen und Arbeitsbereiche für die Freiwilligen sehr offen sind. Ich werde mich also in den nächsten Tagen mit meinem Chef zusammen setzen und danach bin ich hoffentlich schlauer.

Die nächsten drei Wochen werde ich noch zusammen mit meinen Mitfreiwilligen in Buenos Aires im Theologischen Institut wohnen. Die Tage sind gefüllt mit Sprachkursen und Themen wie Militärdiktatur in Argentinien, soziale Probleme und natürlich Sicherheitshinweise und korrektes Verhalten im Gastland.

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In den letzten zwei Stunden habe ich geschlafen, 150 Gramm Reis mit Putenirgendwas und ein Kuchenstück von 2x2 Zentimeter ( sog. Mittagessen ) zu mir genommen und mich mit meiner Sitznachbarin über Argentinien und Deutschland ausgetauscht. Interessant wurde es als ich merkte, dass wir seit 10 Minuten aneinander vorbeiredeten. Sie fragte nach der "Influenca" in Deutschland und ich sagte, dass es keine gibt. Schon länger nicht mehr! Bis ich dann auf den Trichter kam, dass "Influenca" Grippe heist und nicht "Inflacion". Also gibt es sie natürlich.

Ich freue mich tierisch auf den Alltag in spanischer Sprache. Gut, meine Sitznachbarin ist Grundschullehrerin und spricht offensichtlich ein sehr deutliches und verständliches Spanisch. Bei dem Herren neben mir ist das schon schwieriger. Aber diese Erfahrung habe ich ja auch in Madrid gemacht: Ältere Männer sprechen den verwaschensten Slang. Da muss man super gut zuhören.

In den Fernsehergeräten laufen Bilder einer Hilfsorganisation. Lachende Kinder aus ärmslichsten Verhältnissen, die durch Lufthansa zum Glück gefunden haben sollen.

In meinen Netbook-Kopfhörern läuft dazu das Lied "I swear" von All4One. ;) Natürlich ist das eine unrealistische und gestellte Situation aber die Stimmung, die dadurch vermittelt wird, bestätigt mich in meiner "Mission" in einem Menschenrechtsbüro zu arbeiten um genau solchen Kindern und Menschen zu helfen.

Das Kabinenpersonal verteilt Gesundheitserklärungen, die wir alle bei der Einreise dem Gesundheitsamt übergeben müssen. Folgen der Inflacion, nee der Influenca.

Ich freue mich auf spannende 12 Monate, obwohl mir der Abschied zum Schluss wirklich schwer gefallen ist.

"I swear I´ll be there" - in a year.

Die letzen Flugstunden werde ich mit dem Unterhaltungsprogramm an Bord verbringen. Sobald ich näheres zu Unterkunft und Arbeitsstelle weiß und vor allem wo ich ans Internet komme berichte ich mehr.